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Wie aus dem Sorgenkind Schultoilette ein Vorzeigeprojekt an der Verbundschule Hille wurde

Eintrag vom 20. Dezember 2025

Blumiger Duft, leise Musik und klare Botschaften an den Kabinentüren – die Schultoiletten der Verbundschule haben ihr angestaubtes Image abgelegt. Wie aus einem Sorgenkind ein Gemeinschaftsprojekt mit Vorbildcharakter wurde.

Ein blumiger Duft liegt in der Luft. Der Boden ist sauber, die Spiegel blank, ohne Wasserflecken. An den Wänden hängen bunte Zeichnungen, an den Türen Botschaften wie „Zielen ist keine Kunst“, „Blick zurück – alles fit?“ oder „Tratsch nicht auf dem Thron“. Aus Lautsprechern erklingt Fahrstuhlmusik – unauffällige, beruhigende Klänge, die Stille überbrücken und für angenehme Atmosphäre sorgen. Eine Beschreibung, die so gar nicht zu einer Schultoilette passen will. Und genau darum geht es: die sanitären Anlagen der Verbundschule Hille.

Dass Schultoiletten normalerweise nicht zu den Orten gehören, an denen sich Schülerinnen und Schüler gern aufhalten, weiß auch Schulleiter Dirk Schubert. „Vielfach werden diese Räume gemieden. Manche ekeln sich regelrecht und gehen erst nach Schulschluss zu Hause“, sagt er. Ein Zustand, der nicht nur unangenehm, sondern auch problematisch ist – gerade mit Blick auf das Wohlbefinden und die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen.

Im Rahmen des schulischen Schutzkonzeptes, das vor rund zwei Jahren erarbeitet wurde, rückten deshalb auch die Toiletten und das Sicherheitsgefühl dort in den Fokus. Schülerinnen und Schüler wurden befragt, Anregungen gesammelt und von den Lehrkräften aufgegriffen. Besonders engagiert nahmen sich die Lehrkräfte Linda Heinzig, Christine Potthoff und Franziska Jordan des Themas an. „Sie haben renitent dafür gesorgt, dass ich das Thema nicht aus den Augen verliere“, sagt Schubert schmunzelnd.

Vor den Sommerferien suchte die Schule schließlich das Gespräch mit der Gemeinde Hille, dem Schulträger. Die sanitären Anlagen im Erdgeschoss des Altbaus waren immerhin fast 20 Jahre alt. Auch im Rathaus erkannte man den Handlungsbedarf. Die Umsetzung erfolgte kurzerhand in den Ferien: Mitarbeiter der Gemeinde und die Hausmeister erneuerten die Toilettenschüsseln, strichen die Wände, verbesserten die Beleuchtung, installierten Lautsprecher und brachten auf der Mädchentoilette einen Behälter für Hygieneartikel an. Dieser wird seitdem von Linda Heinzig regelmäßig bestückt. „Das wird von unseren Schülerinnen sehr wertgeschätzt“, lautet ihr Fazit.

Unter dem Arbeitstitel „Dufte Toilette“ brachten sich die Schülerinnen und Schüler intensiv in die Gestaltung ein. „Auf einige Ideen wären wir selbst nicht gekommen“, gibt Valentin Steg zu. „Aber vom Ergebnis sind die Schüler total begeistert“, bestätigt der Schülersprecher. Er habe schon viele positive Rückmeldungen bekommen. Bereits vor der Corona-Pandemie habe es Anträge auf eine Sanierung gegeben, erinnert sich der 18-Jährige. „In der Zeit ist viel verloren gegangen, vor allem in der Kommunikation.“ Umso besser sei es, dass nun eine aus seiner Sicht „nahezu perfekte Lösung“ gefunden wurde.

Mit dem neuen Erscheinungsbild ist auch das Verantwortungsgefühl gewachsen. Schülerinnen und Schüler achten stärker darauf, dass es gar nicht erst zu Vandalismus kommt. Auch Schulleiter Schubert bestätigt: „Nach vereinzelten Vorfällen haben wir Mechanismen gefunden, die dagegen wirken.“ Zu sehr möchte er nicht ins Detail gehen – auch, damit diese Maßnahmen weiterhin greifen. „Es gab jedenfalls seit längerer Zeit keine Vorfälle mehr.“

Ein zentrales Thema bei den Schülerbefragungen waren Geräusche. „Manche haben sich nicht getraut, die Toilette zu nutzen, weil in der Nachbarkabine gekichert wurde“, berichtet Linda Heinzig. Die Lösung: Musik. Natürlich keine aktuellen Chart-Hits. „Die Schüler hätten sich ihre Lieblingsmusik gewünscht, aber wir wollten auch keine Gema-Gebühren zahlen“, sagt Heinzig. Christine Potthoff ergänzt augenzwinkernd: „Es ist nicht die allerschönste Musik – aber sie sollen ja schließlich wieder zurück in den Unterricht.“ Wichtig sei vor allem, dass die Klänge beruhigend wirken und keine zusätzliche Spannung erzeugen, findet Schülersprecher Steg.

Auch die Bilder an den Wänden sind eine Gemeinschaftsarbeit: Sie stammen aus dem Kunstunterricht, hängen geschützt hinter Acrylplatten und können bei Bedarf unkompliziert ausgetauscht werden. „So fließt die Kreativität der Schüler immer wieder neu ein“, sagt Dirk Schubert. „Das sorgt hoffentlich auch für mehr Wertschätzung.“

Es sind die vielen Kleinigkeiten, die das Konzept abrunden: Seifenspender, Papier, das sich nach 15 Sekunden vollständig im Wasser auflöst, größere Abfallbehälter, Geruchsgitter in den Urinalen – und der dezente Hinweis: „Klopapier ist kein Dekoartikel“.

Und das Thema ist noch nicht abgeschlossen. Auf der Wunschliste steht noch eine All-Gender-Toilette, die unabhängig von der Geschlechtsidentität genutzt werden kann. „Der Bedarf wird von den Schülern klar geäußert“, erklärt Christine Potthoff. Das Schutzkonzept werde in dieser Hinsicht weiterentwickelt.

An der Verbundschule ist mehr passiert als eine reine Sanierung der Schultoiletten. Das Projekt zeigt, was möglich ist, wenn Schule, Schüler und Gemeinde gemeinsam anpacken – und wie aus einem ungeliebten Ort ein Bereich wird, an dem man sich gerne aufhält.

Quelle: https://www.mt.de/lokales/hille/Wie-aus-dem-Sorgenkind-Schultoilette-ein-Vorzeigeprojekt-an-der-Verbundschule-Hille-wurde-24235627.html

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